Jahreszeitenfütterung

Es ist doch wie bei uns: Je nach Jahreszeit und Aktivität gestalten wir unsere Nahrung auf dem Teller anders. Einerseits bringt jede Jahreszeit ihre jeweiligen Früchte zum Vorschein, andererseits brauchen wir je nach Aktivität die passenden Energiequellen und -mengen.

So verhält es sich auch bei unseren Wildvögeln:

Wildvögel und die Jahreszeiten
Jahreszeiten-Aktivitäten

Gibt es in der Natur genug Futter für alle?

Wenn in unserer Natur genügend von all den verschiedenen Nahrungsquellen zur Verfügung stehen würde, bräuchten die Wildvögel unsere Unterstützung nicht. Doch wie wir alle längst wissen: Dem ist nicht so, das haben wir in der Rubrik Fütterung für euch beschrieben. Es fehlen jedes Jahr 10.000de Tonnen an Insekten, Spinnen- & Bodentieren, Wildsämereien und Wildfrüchten.

Bildlich gesprochen:

“Wenn 500 hungrige Personen vor einem kleinen “Tante-Emma-Laden” stehen und etwas zu essen kaufen wollen, ist klar, dass nicht alle genügend bekommen können. Der “Tante-Emma-Laden” bevorratet verschiedene Nahrungsmittel, jedoch gehen etliche Personen leer aus. Es ist nicht von allem, für alle etwas da!“

Kohlmeise vor leerer Futterschale

Deshalb ist es ganz wichtig für unsere Wildvögel, dass sie das ganze Jahr hindurch eine artgerechte und gesunde „Zu“-Fütterung unsererseits erhalten. Das ist eine enorm große Hilfe, welche jeder von uns ganz einfach geben kann – und sie danken es uns mit Vielfalt und Gesang – jeden Tag! Denn nur mit Vögeln ist es ein Garten!

Je nach Jahreszeit und Aktivität ist ihr Bedarf an Energiequellen und Energiemenge unterschiedlich. Im Frühjahr bis in den Spätsommer ist der Energiebedarf sehr hoch. Nur im Herbst ist der Bedarf niedriger gegenüber den anderen Jahreszeiten. Im Winter kommt es sehr auf die Witterungsverhältnisse an. 

Durchgehend für alle Jahreszeiten ist auch bei den Wildvögeln frisches Wasser lebenswichtig.

Frühjahr

Für alle gilt: (die bei uns überwinternden Gartenvögel starten etwas früher, als die wieder heimkehrenden Zugvögel)

Nest mit Gelege
Nest mit Gelege

Los geht´s mit der Revierverteidigung, der Partnersuche und des Nestbaues – das ist eine sportliche Aufgabe, denn jeder möchte das für sich beste Revier vereinnahmen und nicht jeder lässt sich dies so einfach abjagen. Nicht jeder Partner ist richtig und nicht jedes Nest gefällt. Hinzu kommt, dass das natürliche Nahrungsangebot noch nicht in voller Pracht und Reife steht. Folglich gibt es ein großes Ungleichgewicht zwischen Bedarf und Angebot.
Schnell darauf folgt die erste Brut. In dieser Zeit steigert sich die Nahrungssuche auf ihr höchstes Niveau – denn nicht nur die kleinen Jungvögel brauchen viel Nahrung, sondern die nochmals erhöhte Aktivität der Eltern erfordert zusätzliche Energie:

Buchfink-Männchen füttert Junge im Nest
Buchfink füttert seine Jungen

Die Jungvögel brauchen zum Wachstum insbesondere frisches Eiweiß über Insekten, Spinnentiere, etc.. Da es wenig von diesen gibt, müssen die Eltern weitere Strecken und längere Zeit mit der Suche nach diesen verbringen. Das wiederum kostet Kraft und Energie (ca. 20-25-mal mehr, als Hüpfen am Boden oder im Gezweig! Quelle: A2).
Deshalb benötigen die Eltern eine fettreiche Nahrung, um ihren Flugmotor – die Brustmuskeln – mit Energie zu versorgen (ähnlich dem Kerosin bei einem Flugzeug. Quelle: A3). Sie fliegen morgens sehr früh los und kommen abends spät zur Ruh. Wir hören das an dem frühmorgendlichen und abendlichen Gesang, denn die Revierverteidigung läuft parallel weiter- ein wahrer Marathon!

Merke! Finden die Eltern nicht ausreichend Nahrung, werden einige der Jungvögel verhungern! 

Daher ist es wichtig, das Futter an diese Zeit anzupassen. Wir helfen im zeitigen Frühjahr also in erster Linie den Eltern, ihre Mammutaufgabe zu bewältigen. Deshalb sind die von uns für euch empfohlenen Führjahres-Futter sehr fettreich und ausgeglichen durch Eiweiß und Vitamine.

Kernbeißer, Gimpel und Grünling am Futterplatz
Eltern am Futterplatz

Nach und nach stellen die Eltern einen eigenen breiigen Futtermix aus Eiweiß, Fett und Vitaminen für die Jungvögel zusammen. Sie wissen instinktiv, was in der jeweiligen Entwicklungsstufe richtig ist. Dieser Brei besteht z.B. aus Insekten, Knödelfett, Erdnussbruch und feinen Sämereien, welche im Kropf vorverdaut werden. Am “Futtertisch” können wir beobachten, wann sie welche Einzelkomponenten des Futters bevorzugen – so wissen wir, wann auch wir das Futter langsam umstellen können.

Spätes Frühjahr – Sommer:

Sind die Jungen flugfähig, müssen die Eltern ihnen zeigen, wo, wie und was für Futterarten zu finden sind. Auch das kostet Zeit und Energie.
Die Jungen erhalten nun eine weiter angepasste Nahrung aus Insekten, Spinnen- & Bodentieren, Samen, Feinsämereien und Früchten und müssen lernen, selber zu fangen, zu selektieren und zu fressen.

Rotkehlchen füttert sein flugfähiges Jungtier
Rotkehlchen füttert sein Junges

Auch dafür haben wir euch unsere passenden Futter zusammengestellt.
Übrigens, die Revierverteidigung läuft immer noch. 

Sollte mal ein Elternteil “verunglückt” sein (Raubtiere, Krankheit, Verkehr, Vogel-Glasbruch), wird es extrem schwierig. Der verbleibende Partner muss doppelt so aktiv sein, um die Jungvögel durchzubringen – dann zählt erst recht jedes Körnchen und jeder Fetttropfen auf kurzem Wege! Herrscht hier Nahrungsknappheit, muss die Brut aufgegeben werden.

Tote Elternvögel (Buchfinkmännchen & Blaumeisenmännchen)
Verunglückte Altvögel

Sind die Jungen groß genug, um selbst ihre Nahrung zu finden, kann es bei ausreichendem Futterangebot sein, dass die Eltern mit der 2. oder gar 3. Brut beginnen. Es geht also von vorne los! Ihr Nahrungsbedarf bleibt damit sehr hoch – bis in den Spätsommer.

Herbst 

Endlich kommt die ruhige Zeit für die Eltern.
Die Jungtieraufzucht und die Revierverteidigung sind erledigt und es kann in Ruhe Kraft geschöpft werden. Allerdings geht nun auch die Mauser los. Sie erfordert zwar auch einiges an Energie, jedoch lange nicht so viel wie der vorangegangenen Zeit. Unsere Gartenvögel sehen jetzt ein wenig zerzaust aus. 

Kohlmeise "Molli" in der Mauser
Kohlmeise in der Mauser

Ihr Federkleid ist nicht mehr ganz so prächtig und sie sind morgens auch viel später unterwegs sowie abends früher auf ihren Schlafplätzen. In dieser Regenerationszeit bereiten sich die Wildvögel auf den kommenden Winter vor. Es ist wichtig, die Reserven aufzufüllen und das Immunsystem wieder zu stärken. 

Winter

Das Aufgabenspektrum unserer Gartenvögel und damit ihre Aktivität ist im Winter eigentlich gering, doch folgt hier eine ganz andere Herausforderung: Ein extrem geringes natürliches Nahrungsangebot, Kälte, Regen, Wind und je nach Standort eine schneebedeckte Landschaft.

Rotkehlchen im Winter auf einer schneebedeckten Mauer
Kälte & geringes Nahrungsangebot

Die kalten Nächte erfordern einen hohen Energieaufwand, welcher gedeckt werden muss. Hier kann ein Tag ohne Nahrung schon den Tod bedeuten.
Insekten, Spinnen- und Bodentiere sind ausgesprochen selten, bisweilen gar nicht vorhanden. Daher stellen sich die Wildvögel auf Sämereien, Körner, Früchte und Beeren um. Jedoch auch diese sind in unserer aufgeräumten Garten- und Kulturlandschaft nicht reichlich zu finden (siehe Bsp. “Tante-Emma-Laden“). 

Tabu-Liste: Ungeeignete Futtermittel

Fast alle Speisen oder Speisereste von uns Menschen sind gänzlich ungeeignet für die Wildvögel (inkl. der Wasservögel)!
In erster Linie enthalten sie Salz, aber auch weitere Zusatzstoffe wie Gewürze jeglicher Art, Aroma- & Farbstoffe, Stabilisatoren & Konservierungsstoffe sowie künstliche Vitamine. Sie alle sind bedenklich oder gar gefährlich für die kleinen Vögel, andere verderben schnell. Die Aufnahme weniger mg kann bei ihrem geringen Körpergewicht (ca. 10-20g) und der hohen Nahrungsaufnahmerate weit größeren Schaden durch Stoffwechselstörungen ausrichten als bei uns (Quelle: B3, A8).

Ungeeignete Futtermittel, Spatzen an Speiseresten
Ungeeignete Futtermittel

Tabu für die Wildvogelfütterung sollten sein:

In der Vergangenheit hat sicher jeder von uns schon einmal von obigem gefüttert, weil wir ihnen etwas Gutes tun wollten und es nicht besser wussten. Einige Vögel haben es auch gefressen, weil sie „in Not“ waren… 
Jetzt wissen wir, dass es viel gesünderes und besseres Futter für sie gibt und wir ihnen mit dem richtigen Futter wirklich Gutes tun können.